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Fotografie Mai 11, 2025

Warum ist Fotografie kein Kunstwerk? Fakten, Mythen und was dahinter steckt

Melina Fassbinder 0 Kommentare

Wenn du schon mal ein beeindruckendes Foto gemacht hast und dann gehört hast, das sei „keine richtige Kunst“, bist du nicht allein. Viele halten Fotografie immer noch für reine Technik – einfach auf den Auslöser drücken, fertig ist das Bild. Aber steckt da wirklich so wenig dahinter?

Fotografie gilt oft als Werkzeug, nicht als Ausdruck von Kreativität. Die Begründung: Jeder kann knipsen. Klingt auf den ersten Blick logisch, vor allem heute, wo fast jeder ein Smartphone in der Tasche hat. Doch wer behauptet, jeder Schnappschuss sei banal, übersieht, wie viel Planung, Geduld und sogar Mut hinter guten Fotos stecken können.

Die Diskussion, ob Fotografie Kunst ist, gibt es übrigens nicht erst seit Instagram und Co. Schon im 19. Jahrhundert haben Maler die Fotografen belächelt. Heute rangieren doch die teuersten Fotos der Welt immer wieder in den Top-Listen der teuersten Kunstwerke – und das sorgt bis heute für Diskussionen rund um den Kunstbegriff.

Kunst oder nicht? Die typischen Argumente

Die Diskussion, ob Fotografie wirklich als Kunst zählt, geht schon ewig. Ein Hauptargument gegen Fotografie als Kunst ist, dass sie eine mechanische Technik sei: Man braucht angeblich nur auf einen Knopf zu drücken, und schon entsteht ein Bild. Das klingt einfach – aber steckt wirklich so wenig dahinter?

Viele halten sich an diesen Punkten fest:

  • Im Gegensatz zur Malerei oder Bildhauerei soll der persönliche Stil weniger erkennbar sein.
  • Die Kamera übernimmt einen Großteil der Arbeit, das Gerät bestimmt das Ergebnis.
  • Man kann ein Bild einfach mehrmals erzeugen. Die Einzigartigkeit (wie bei einem Gemälde) fehlt angeblich.
  • Wenn jeder fotografieren kann, kann das doch nichts Besonderes sein – oder?

Gegner argumentieren gern mit der Technik: Weniger Handarbeit, weniger kreative Energie. Sie meinen, Kunst müsse „spürbar von Hand gemacht sein“. Dagegen halten Fotografen oft, dass Ausrüstung allein keine tollen Bilder erzeugt – es kommt auf Perspektive, Timing und Bildaussage an.

Ein weiteres Argument dreht sich um den Preis: Teure Gemälde oder Skulpturen erzielen oft Millionenbeträge, während Fotografien in vielen Köpfen weniger Wert besitzen. Schaut man aber auf die Verkaufszahlen berühmter Fotos, merkt man schnell, dass auch hier Millionen im Spiel sind.

Werk Künstler Verkaufspreis Jahr
Rhein II Andreas Gursky 4,3 Mio. € 2011
Untitled #96 Cindy Sherman 3,4 Mio. € 2011

Ein Fakt am Rande: In Umfragen, zum Beispiel vom Bundesverband deutscher Galerien, werden Fotografien mittlerweile ähnlich häufig in Galerien gezeigt wie Malerei. Das zeigt, wie sehr sich der Status seit dem 20. Jahrhundert verändert hat – aber die Zweifel sind trotzdem nicht verschwunden.

Es bleibt also nicht nur bei der Technik. Der Streit ist ein Mix aus alten Vorstellungen, schnellen Urteilen und der Frage: Was ist einzigartig – das Auge oder das Werkzeug?

Die Entwicklung der Fotografie im Vergleich zur Malerei

Die Geschichte der Fotografie läuft spannend parallel zur Geschichte der Malerei – aber sie starten ziemlich unterschiedlich. Die ersten Fotos sind in den 1820ern entstanden. Malerei gibt es schon seit mehreren Jahrtausenden. Das prägt beide Bereiche auch heute noch, vor allem die Sicht auf das Thema Kunst.

Als Fotografie frisch aufkam, haben viele Maler sie eher skeptisch gesehen. Es gab direkt die Angst, man könnte plötzlich mit einer Maschine machen, wofür Künstler stundenlang vor einer Leinwand saßen. Was damals niemand geahnt hat: Fotografie hat die Malerei sogar beeinflusst – erst im Realismus, später auch in moderner Kunst. Plötzlich mussten Maler nicht mehr das perfekte Abbild liefern, sondern konnten freier ausprobieren.

Ein echt spannender Punkt: Während Malerei immer Handwerk plus persönliche Note war, wurde die Fotografie als rein technisches Thema abgestempelt. Doch das stimmt so längst nicht mehr. Heute gibt es unzählige Fotografen, deren Arbeit in Galerien hängt, während gleichzeitig Milliarden Alltagsfotos auf Handys schlummern.

Entwicklung Malerei Fotografie
Beginn Prähistorisch (Höhlenmalerei) ca. 1826 (erstes bekanntes Foto)
Künstlerstatus Sofort als Kunst akzeptiert Lange Zeit als Technik angesehen
Zugang Viel Übung & teure Materialien Heute für alle (durch Smartphones)
Veränderung durch Technik Ja, aber langsam (neue Farben, Leinwände) Sehr schnell (Digitalkameras, Filter, KI)

Das Spannende daran: Die beiden Disziplinen haben sich gegenseitig befruchtet. Manche Maler wie Monet oder Van Gogh ließen sich von Fotografien inspirieren. Und viele Profi-Fotografen erklären, sie nutzen gezielt Techniken der Malerei, etwa Komposition und Lichtführung.

Ein Trick, den du sofort anwenden kannst: Schau dir mal bekannte Malereien an und analysiere, wie die Motive aufgebaut sind. Nutze dann diese Methoden beim Fotografieren und du wirst sehen, wie sehr die Grenzen zwischen Fotografie und Malerei verschwimmen können.

Technik oder Kreativität – was zählt wirklich?

Technik oder Kreativität – was zählt wirklich?

Bei der Fotografie streiten sich die Geister: Muss man zuerst die Technik meistern oder zählt am Ende nur die Kreativität? Eine Kamera zu bedienen, ist schnell gelernt. Doch wirklich spannende Bilder entstehen nicht automatisch, nur weil man auf den Auslöser drückt.

Auch bekannte Fotografen sagen das ganz offen. Der amerikanische Fotograf Ansel Adams hat mal gesagt:

"You don’t take a photograph, you make it."

Das bedeutet: Es kommt auf deine Ideen, deinen Blickwinkel und deinen Stil an. Wer einfach nur abdrückt, bekommt meistens eben nur einfache Schnappschüsse. Ein gutes Foto zeigt nicht nur, was abgebildet ist, sondern auch, wie jemand denkt oder fühlt.

Trotzdem gibt es viele, die vor allem aufs Technische schauen. Kameras haben heute fast alles automatisiert – Belichtung, Schärfe, sogar Filter. Aber: Die besten Fotografen nutzen diese Technik nur als Werkzeug, um ihre ganz eigenen Bilder umzusetzen. Ein Vergleich:

TechnikKreativität
Scharfe EinstellungUngewöhnlicher Bildausschnitt
Richtige BelichtungEmotionales Motiv
Gute AusrüstungSpannendes Lichtspiel

Die Fotografie als Kunst lebt davon, dass du mit ganz gewöhnlichen Dingen etwas Eigenes machst – egal, ob das Licht gerade perfekt ist oder nicht. Viele richtig berühmte Fotos sind technisch sogar eher durchschnittlich, aber sie fesseln, weil sie eine starke Aussage haben oder einen besonderen Moment zeigen.

Wenn du wissen willst, wie du kreativer werden kannst, hilft zum Beispiel folgender Trick: Geh mal raus und gib dir ein Thema, wie „rotes Licht“ oder „Einsamkeit“. Du wirst sofort merken, dass du ganz anders ans Fotografieren rangehst – Technik ist nur noch Nebensache.

Berühmte Beispiele: Wann wird ein Foto zur Kunst?

Spätestens wenn ein Foto in einer Galerie hängt oder Millionen bei Auktionen bringt, spricht kaum noch jemand der Fotografie die Kunst ab. Aber es gibt ein paar berühmte Beispiele, die viel darüber verraten, ab wann ein Bild mehr ist als nur eine Momentaufnahme.

Eins der bekanntesten Fotos ist „Migrant Mother“ von Dorothea Lange aus dem Jahr 1936. Das Bild wurde mitten in der großen Depression geschossen und hat weltweit Aufmerksamkeit auf das Leid armer Familien gelenkt. Hier zeigt sich deutlich: Ein Foto kann gesellschaftlich bewegen und ein echtes Zeitdokument sein – mehr als ein hübsches Bild.

Ein anderes Beispiel: Andreas Gursky. Sein Foto „Rhein II“ wurde 2011 für schlappe 3,1 Millionen Euro versteigert. Gursky arbeitet mit riesigen Formaten und bearbeitet seine Fotos digital nach – das ist weit weg von Hobbyknipserei. Auch Cindy Sherman, die immer sich selbst in verschiedene Rollen inszeniert, hat mit ihren Fotos in der Kunstwelt Furore gemacht. Das spannende dabei: Niemand diskutiert bei ihren Werken noch, ob das wirklich Kunst ist.

Wie kann das sein? Es sind oft die Intention, die Idee dahinter, aber auch das handwerkliche Können und die Wirkung, die ein einfaches Foto zur Kunst erheben. Kuratorin Inka Schube vom Sprengel Museum Hannover bringt es auf den Punkt:

„Fotografie ist dann Kunst, wenn sie Fragen stellt, zum Nachdenken anregt oder uns emotional trifft – nicht, wenn sie nur abbildet.“

Der Übergang ist also fließend. Es ist nicht die Kamera, sondern was du daraus machst. Die Geschichte, der Moment, oder der völlig neue Blickwinkel können den Unterschied machen. Wer selbst kreativ werden will, sollte sich fragen: Was will ich mit meinem Foto erzählen? Dann kommt die Kunst meist von selbst ins Bild.

Tipps, wie du aus Fotos mehr machst als bloße Schnappschüsse

Tipps, wie du aus Fotos mehr machst als bloße Schnappschüsse

Du willst, dass deine Bilder mehr als einfache Erinnerungen sind? Es gibt richtig einfache Tricks, mit denen dein Foto nach Kunst aussieht – ganz ohne Profi-Equipment.

  • Nimm dir Zeit für Licht und Schatten. Beim Fotografieren zählt das richtige Licht mehr als die teuerste Kamera. Morgens und abends wirkt alles stimmiger, das haben sogar bekannte Fotografen wie Annie Leibovitz oft betont.
  • Denke an das Motiv: Frag dich vorm Drücken des Auslösers, was wirklich interessant aussieht. Oft macht ein kleiner Perspektivwechsel riesigen Unterschied. Geh mal in die Hocke oder halte die Kamera schräg – plötzlich sieht die Welt ganz anders aus.
  • Verlass dich nicht nur auf Filter. Viele denken, Foto-Apps machen aus jedem Bild ein Meisterwerk. Wichtiger ist ein klarer Fokus auf das Wesentliche. Räum auf, was ablenkt, und wage es, einen einfachen Hintergrund zu wählen.
  • Experimentiere mit der Bildkomposition. Die berühmte Drittel-Regel hilft: Teile dein Bild gedanklich in neun Felder und platziere dein Motiv auf einem der Linienkreuzungen. Das klappt sogar bei schnellen Fotos auf dem Spielplatz oder beim Sonntags-Ausflug mit Kindern.
  • Mach mehrere Bilder. Sogar Profis fotografieren oft zehnmal, um das perfekte Foto zu bekommen. Trau dich, neue Perspektiven und Einstellungen auszuprobieren – du wirst überrascht sein, wie viel Charakter ein Foto gewinnt.

Wenn du dich ernsthaft mit Fotografie beschäftigst, wirst du merken: Ein richtig gutes Bild entsteht im Kopf – nicht in der Kamera. Beobachte, habe Spaß am Ausprobieren und trau dich, zu zeigen, was für dich besonders ist. Wer mit Leidenschaft bei der Sache ist, kommt weg vom banalen Schnappschuss.

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