Modefotografen bearbeiten fast jedes Bild - vom Rohdaten‑Import bis zur finalen Freigabe.
Die gängigsten Schritte sind RAW‑Entwicklung, Hautretusche, Farbkorrektur und Detail‑Sharpening.
Adobe Lightroom, Adobe Photoshop und Capture One bilden das Kern‑Tool‑Set.
Ein sauberer Workflow spart Zeit und verhindert Über‑Editing.
Eine Checkliste hilft, Fehler zu vermeiden und Kundenanforderungen zu erfüllen.
Ein Modefotograf ist ein Spezialist, der Kleidung und Accessoires bildlich in Szene setzt, häufig für Magazine, Kampagnen oder Online‑Shops. Dabei stellt sich schnell die Frage: Bearbeiten Modefotografen ihre Fotos? Kurz gesagt: Ja, und zwar fast immer. Bildbearbeitung ist kein Luxus, sondern ein fester Bestandteil des kreativen Prozesses. Ohne Nachbearbeitung würde das Ergebnis häufig nicht den hohen ästhetischen und technischen Ansprüchen der Branche entsprechen.
Warum Bildbearbeitung in der Modefotografie unverzichtbar ist
Die meisten Modeaufnahmen werden im RAW‑Format aufgenommen. Dieses Format speichert sämtliche Sensordaten, lässt aber kaum Raum für Fehler im Kamera‑Setup. In der Praxis gibt es jedoch viele Variablen: Lichtbedingungen, Hauttöne, Stoffreflexionen und Model‑Posen. Durch gezielte Bildbearbeitung lassen sich diese Faktoren optimieren, sodass das Bild den gewünschten Look des Kunden trifft.
Darüber hinaus verlangen Agenturen und Marken oft ein sehr spezifisches Farbprofil. Ein rotes Kleid muss exakt den Markenfarben entsprechen, ein Haarfarbton muss konsistent sein - das lässt sich nur mit präziser Nachbearbeitung erreichen.
Typische Editing‑Schritte im Detail
Import und Katalogisierung: Die Fotos werden in ein Bearbeitungs‑Programm importiert und nach Shooting, Model, Location usw. sortiert.
RAW‑Entwicklung: Hier wird die Belichtung angepasst, Weißabgleich korrigiert und Grundrauschen reduziert. Adobe Lightroom ist dafür das am häufigsten genutzte Tool.
Haut‑ und Retusche: Mit Adobe Photoshop werden Hautunreinheiten entfernt, Poren geglättet und Details betont - ein Vorgang, der in der Branche als Retusche bekannt ist.
Farbkorrektur und Grading: Hier werden die Farben des Gesamtbildes abgestimmt, um den gewünschten Stil zu erzeugen - von kühlen High‑Fashion‑Tönen bis zu warmen Street‑Style‑Looks.
Detail‑Sharpening: Insbesondere bei Stoffen und Texturen wird ein leichter Schärfungseffekt eingesetzt, um die Bildschärfe zu erhöhen, ohne Artefakte zu erzeugen.
Export und Lieferformat: Das Endprodukt wird als JPEG, TIFF oder PSD je nach Kundenanforderung exportiert, oft in mehreren Auflösungen.
Werkzeug‑Vergleich: Lightroom vs. Photoshop vs. Capture One
Funktionen von Foto‑Editing‑Software für die Modefotografie
Feature
Adobe Lightroom
Adobe Photoshop
Capture One
RAW‑Entwicklung
Sehr gut, integrierte Bibliothek
Grundlegen, aber weniger spezialisiert
Exzellent, besonders bei Farbwiedergabe
Haut‑Retusche
Begrenzte Werkzeuge, über Plugins
Umfassend - Layer, Masken, Frequenztrennung
Gute Basis, aber zusätzliche Plugins nötig
Farb‑Grading
Leistungsstarke Presets, Tönungswerkzeug
Unbegrenzte Farbmanipulation mit Adjustment‑Layers
Pro‑fokussierte Farbsteuerung, Look‑Library
Batch‑Processing
Stark, Synchronisation über Kataloge
Durch Aktionen & Skripte möglich
Schnell, besonders bei farbkritischen Serien
Lernkurve
Einsteiger‑freundlich
Fortgeschrittene Kenntnisse empfohlen
Zwischen beiden, wegen professioneller UI
Praktischer Workflow - Vom Shooting zur finalen Freigabe
Ein typischer Ablauf sieht folgendermaßen aus:
Nach dem Shooting wird das Material auf ein RAID‑Speichersystem gesichert.
Der Modefotograf importiert die RAW‑Dateien in Lightroom, legt ein Shooting‑Katalog an und erstellt erste Bewertungen (Ratings, Tags).
Während der ersten Durchsicht werden grobe Belichtungs‑ und Weißabgleich‑Korrekturen vorgenommen.
Die favorisierten Bilder werden nach Photoshop exportiert, dort wird die Retusche durchgeführt - Haut, Augen, Kleidung.
Zurück in Lightroom erfolgt das finale Farbgrading sowie das Sharpening.
Der Kunde erhält einen Online‑Proof‑Folder, gibt Feedback, und letzte Anpassungen werden im Photoshop‑Dokument vorgenommen.
Abschließend werden die Bilder in den geforderten Formaten exportiert und an die Bildagentur oder das Marketing‑Team übergeben.
Durch diese klare Trennung zwischen globaler Bearbeitung (Lightroom) und Detail‑Retusche (Photoshop) bleibt der Prozess effizient und vermeidet unnötige Doppelschritte.
Häufige Fehler und Profi‑Tipps
Über‑Editing: Zu starkes Weichzeichnen der Haut kann unnatürlich wirken. Setze die Hautglättung sparsam ein und nutze Frequenztrennung, um Textur zu erhalten.
Falsche Farbprofile: Achte stets darauf, mit dem gleichen ICC‑Profil zu arbeiten, das der Kunde verlangt (z.B. AdobeRGB für Print, sRGB für Web).
Kein Backup: Ein automatisiertes Backup nach jedem Import spart im Notfall Zeit und Nerven.
Unklare Kommunikation: Beschaffe frühzeitig ein Moodboard und ein Farb‑Referenzdokument vom Kunden, um spätere Korrekturschleifen zu minimieren.
Zu viel Schärfen: Detail‑Sharpening sollte erst im Export‑Step angewendet werden, um Artefakte zu vermeiden.
Checkliste für die Nachbearbeitung eines Mode‑Shootings
Backup aller RAW‑Dateien erstellen.
Katalog in Lightroom anlegen, Metadaten eintragen.
Grundlegende Belichtung und Weißabgleich anpassen.
Auswahl der besten Bilder (Rating≥4).
Export in Photoshop für Haut‑ und Detail‑Retusche.
Farb‑Grading nach Kunden‑Moodboard durchführen.
Sharpening und Rauschreduzierung im Export‑Step.
Export in allen geforderten Formaten (JPEG‑Web, TIFF‑Print, PSD‑Master).
Erstellung eines Proof‑Folders für Kunden‑Feedback.
Letzte Anpassungen basierend auf Feedback.
Finale Lieferung und Dokumentation des Workflows für das Portfolio.
Häufig gestellte Fragen
Müssen Modefotografen jedes Bild retuschieren?
Nein, nicht jedes Bild. Oft reicht eine leichte Korrektur von Belichtung und Farbe. Retusche wird meist nur bei den finalen Bild‑Auswahl‑Shots eingesetzt, die das Endprodukt repräsentieren.
Welches Programm ist für die erste RAW‑Entwicklung am besten?
Für die meisten Modefotografen ist Adobe Lightroom ideal, weil es schnelle Katalogisierung, nicht‑destruktive Bearbeitung und leistungsstarke Batch‑Funktionen bietet. Capture One wird von einigen wegen seiner Farbwiedergabe bevorzugt.
Wie vermeide ich ein zu starkes Glätten der Haut?
Nutze die Frequenztrennung: Trenne Textur‑ und Farb‑Informationen, bearbeite nur die Farb‑Ebene und lasse die Hautstruktur erhalten. Setze die Transparenz des Retusche‑Layers gering.
Muss ich für jedes Bild ein separates Photoshop‑Dokument anlegen?
Nein. Oft reicht ein Smart‑Object‑Layer‑Setup, das du für mehrere Bilder duplizierst. So behältst du Konsistenz und sparst Zeit.
Welche Auflösung sollte ich für Druck‑ und Web‑Ausgaben wählen?
Für hochwertigen Druck mindestens 300dpi bei der finalen Bildgröße. Für Web reicht 72dpi, wobei die Dateigröße (unter 150KB) und ein sRGB‑Farbprofil wichtig sind.
Zusammengefasst: Bildbearbeitung ist ein integraler Teil des Jobs eines Modefotografen. Mit den richtigen Werkzeugen, einem klaren Workflow und einer strukturierten Checkliste gelingt es, jedes Bild von der Rohaufnahme zu einem überzeugenden Endprodukt zu verwandeln.