Karriere Dezember 4, 2025

Ist Fotografie ein gut bezahlter Beruf? Echte Zahlen und Erfahrungen

Melina Fassbinder 0 Kommentare

Wie viel Geld kann man wirklich mit Fotografie verdienen? Viele denken, dass Fotografie ein kreativer Traumjob ist - mit Kamera in der Hand, durch die Welt reisen, künstlerisch frei sein. Doch die Realität sieht oft anders aus. Die meisten Fotografen arbeiten nicht in großen Studios oder für Vogue. Sie kämpfen mit unregelmäßigen Einkünften, langen Arbeitszeiten und Kunden, die denken, Fotos seien einfach zu machen. Ist Fotografie also eine gute Geldquelle? Die Antwort ist komplex - und sie hängt davon ab, was du fotografierst, wo du lebst und wie du dich vermarktest.

Wie viel verdient ein Fotograf wirklich?

In der Schweiz liegt das durchschnittliche Jahresgehalt eines Vollzeit-Fotografen zwischen 55.000 und 75.000 CHF. Das klingt gut - bis du weißt, dass das nur für die Top 20 % gilt. Die Mehrheit der Fotografen, besonders die Selbstständigen, verdient deutlich weniger. Eine Umfrage des Schweizer Fotografenverbands aus 2024 ergab: 43 % der freien Fotografen verdienen weniger als 40.000 CHF pro Jahr. Ein Viertel kommt sogar unter 30.000 CHF durch. Das ist weniger als der Mindestlohn in der Schweiz, wenn man Vollzeit arbeitet - und das, obwohl viele 50 bis 60 Stunden pro Woche investieren.

Warum ist das so? Weil Fotografie kein einzelner Job ist. Du bist nicht nur Fotograf - du bist auch Buchhalter, Verkäufer, Marketing-Experte, Kundendienstmitarbeiter und Techniker. Die Zeit, die du mit der Kamera verbringst, ist oft nur ein kleiner Teil deiner Arbeit. Ein Hochzeitsfotograf braucht 8 Stunden für die Aufnahme. Aber dann kommen noch 20 Stunden Nachbearbeitung, 3 Stunden Kundenberatung, 2 Stunden Vertragsabwicklung und 4 Stunden für Social Media. Das sind 37 Stunden für eine Hochzeit. Wenn du 15 Hochzeiten im Jahr machst und pro Event 2.000 CHF verlangst, kommst du auf 30.000 CHF. Abzüglich Steuern, Versicherungen, Ausrüstung, Reisen und Software bleibt oft nur noch 18.000 bis 22.000 CHF netto.

Welche Fotografie-Sparten zahlen am besten?

Nicht alle Bereiche der Fotografie sind gleich lukrativ. Einige Nischen zahlen deutlich besser - und das hat wenig mit Kreativität, sondern viel mit Nachfrage und Preisbereitschaft zu tun.

  • Industriefotografie: Unternehmen zahlen 150-300 CHF pro Stunde für Produktfotos von Maschinen, Fabriken oder technischen Anlagen. Ein Projekt kann 5.000-20.000 CHF bringen. Die Kunden sind bereit, für Qualität und Präzision zu zahlen - weil es um Verkäufe geht.
  • Architektur- und Immobilienfotografie: In der Schweiz ist das eine stabile Nische. Ein Hausaufnahme kostet 800-1.500 CHF. Ein großer Projekt mit mehreren Gebäuden kann 10.000 CHF und mehr einbringen. Die Nachfrage ist hoch, weil Immobilienmakler ohne gute Fotos keine Objekte verkaufen.
  • Werbe- und Marketingfotografie: Für Marken mit Budget zahlt man 1.000-5.000 CHF pro Shoot. Das ist der Bereich, den viele anstreben. Aber der Wettbewerb ist brutal. Du musst nicht nur gut fotografieren - du musst auch ein starkes Portfolio haben, Netzwerke aufbauen und oft im Vorfeld um Projekte kämpfen.
  • Hochzeitsfotografie: Die beliebteste Nische - aber auch die mit den niedrigsten Margen. Durchschnittlich 1.500-2.500 CHF pro Event. Viele Kunden erwarten 500+ Fotos, schnelle Lieferung und sogar Video-Clips. Die Konkurrenz ist überfüllt. In Zürich gibt es über 400 aktive Hochzeitsfotografen. Wer nicht einzigartig ist, bleibt auf der Strecke.
  • Presse- und Dokumentarfotografie: Hier verdient man kaum Geld. Zeitungen zahlen oft nur 50-150 CHF pro Bild. Die Arbeit ist wichtig, aber kaum finanziell tragfähig. Nur wenige Fotografen hier machen zusätzlich Werbung oder Lehren, um über die Runden zu kommen.

Die besten Einkommen kommen nicht von der Kamera - sondern von der Kombination: Du fotografierst für Unternehmen, baust Online-Kurse auf, verkaufst deine Fotos als Lizenzbilder und hältst Workshops. Wer nur auf Hochzeiten angewiesen ist, hat es schwer.

Doppelszene: Hochzeitsfotograf mit Paar links, same Person bei Nachbearbeitung rechts.

Was kostet die Ausrüstung - und wie viel schmilzt davon?

Die Kamera ist nur die Spitze des Eisbergs. Ein Anfänger denkt, er braucht eine gute Kamera - etwa 2.000 CHF. Aber das ist erst der Anfang.

  • Objektive: 800-3.000 CHF (mindestens zwei brauchst du)
  • Stativ, Blitz, Filter, Speicherkarten: 1.000 CHF
  • Computer und Software (Lightroom, Photoshop): 1.500 CHF
  • Webseite, Domain, Hosting, SEO: 500-1.000 CHF/Jahr
  • Versicherung (Haftpflicht, Ausrüstung): 600-1.200 CHF/Jahr
  • Reisen, Unterkunft, Verpflegung: 2.000-5.000 CHF/Jahr
  • Marketing, Werbung, Social Media Ads: 1.000-3.000 CHF/Jahr

Das sind 7.000-15.000 CHF Startkosten - und das nur, um überhaupt anzufangen. Jedes Jahr kommen 4.000-8.000 CHF laufende Kosten hinzu. Das bedeutet: Du musst mindestens 15-20 Projekte pro Jahr machen, um nur die Kosten zu decken. Ohne zusätzliche Einkünfte ist das kaum möglich.

Wie du mehr verdienst - ohne mehr zu fotografieren

Die meisten Fotografen verlieren Geld, weil sie nur Fotos verkaufen. Die erfolgreichsten verkaufen etwas anderes: Wissen, Erfahrung, Vertrauen.

  • Lizenzfotos verkaufen: Plattformen wie Shutterstock oder Adobe Stock zahlen 15-40 Rappen pro Download. Klingt wenig - aber wenn du 500 Fotos hochlädst und jedes Jahr 2.000 Downloads hast, bringt das 1.000-3.000 CHF passiv ein. Kein Aufwand - nach der ersten Arbeit.
  • Online-Kurse: Ein 3-stündiger Kurs über „Hochzeitsfotografie für Anfänger“ kostet 150 CHF. Wenn du 50 Leute verkaufst, hast du 7.500 CHF - und du musst ihn nur einmal erstellen.
  • Workshops: Ein Tag Workshop mit 8 Teilnehmern à 250 CHF = 2.000 CHF. Du brauchst nur 4-5 pro Jahr, um 10.000 CHF zusätzlich zu verdienen.
  • Content für Marken: Du erstellst 10 Fotos für eine lokale Bäckerei - und bekommst 1.000 CHF. Aber du verkaufst ihnen auch einen Monat Social-Media-Content für 800 CHF. Jetzt hast du nicht mehr nur Fotos verkauft - du hast ein Paket.

Die Fotografie ist der Anker. Aber der Umsatz kommt von den anderen Produkten. Wer nur Fotos macht, bleibt arm. Wer Lösungen verkauft, kann gut verdienen.

Baumdiagramm: Fotografie als Stamm, zusätzliche Einkünfte als Äste, Business-Geist oben.

Wie du weißt, ob du es schaffen kannst

Es gibt drei entscheidende Fragen, die du dir stellen musst, bevor du in die Fotografie einsteigst:

  1. Kannst du verkaufen? Fotografie ist kein Kunstprojekt - es ist ein Dienstleistungsgeschäft. Wenn du dich scheust, Preise zu nennen, Kunden zu überzeugen oder Rechnungen zu schreiben, wirst du scheitern.
  2. Hast du Geduld? Es dauert 2-3 Jahre, bis du ein stabiles Einkommen hast. Die ersten 12 Monate sind oft mit Gratisarbeit, schlechten Kunden und Selbstzweifeln gefüllt. Wer schnell Geld will, sollte einen anderen Job suchen.
  3. Kannst du dich vermarkten? Die beste Kamera der Welt nützt nichts, wenn niemand dich kennt. Du brauchst eine Website, eine klare Nische, Social-Media-Präsenz und ein Portfolio, das zeigt: „Ich löse dein Problem.“

Wenn du diese drei Dinge hast - dann kannst du es schaffen. Wenn nicht - dann wird Fotografie kein guter Job sein. Nicht weil du nicht gut bist. Sondern weil du nicht verkaufst.

Was passiert, wenn du aufhörst?

Viele Fotografen hören nach 3-5 Jahren auf. Warum? Weil sie müde sind. Weil sie keine Zeit für Familie haben. Weil sie nie genug Geld verdient haben. Weil sie sich nicht als Unternehmer gesehen haben - sondern als Künstler.

Diejenigen, die bleiben, sind nicht die besten Fotografen. Sie sind diejenigen, die gelernt haben, dass Fotografie kein Beruf ist - sondern ein Geschäftsmodell. Sie haben gelernt, dass Kreativität nur 20 % ausmacht. Die restlichen 80 % sind Organisation, Verkauf, Zeitmanagement und Ausdauer.

Fotografie kann ein guter Job sein. Aber nur, wenn du sie als Unternehmen siehst - nicht als Hobby. Wer das versteht, kann in der Schweiz gut verdienen. Wer das nicht versteht, wird sich fragen, warum er so viel arbeitet - und trotzdem nicht vorankommt.

Kann man als Fotograf in der Schweiz von der Fotografie leben?

Ja, aber nur, wenn du dich nicht nur auf Fotos beschränkst. Die meisten erfolgreichen Fotografen in der Schweiz haben mehrere Einkommensquellen: Werbefotos, Lizenzbilder, Online-Kurse, Workshops oder Beratung. Wer nur Hochzeiten oder Porträts macht, verdient selten mehr als 40.000 CHF pro Jahr - und das nach 50-60 Stunden Arbeit pro Woche.

Welche Ausrüstung braucht man wirklich zum Anfangen?

Du brauchst keine teure Kamera. Ein mittelklasse Spiegelreflex oder Mirrorless mit zwei Objektiven (z. B. 24-70 mm und 50 mm) reicht völlig. Wichtiger ist ein stabiler Computer mit Lightroom, eine gute Festplatte für Backups und eine Website. Die ersten 3.000 CHF solltest du in Software, Versicherung und Marketing stecken - nicht in eine neue Kamera.

Wie viel Zeit braucht man, um erste Einkünfte zu haben?

Mit konsequenter Arbeit - 6-12 Monate. Du musst mindestens 20-30 Aufnahmen sammeln, ein Portfolio aufbauen, dich in einer Nische positionieren und aktiv nach Kunden suchen. Viele warten auf „den großen Auftrag“. Aber der kommt nicht - du musst ihn dir holen.

Ist Fotografie in der Schweiz überlaufen?

Ja - besonders bei Hochzeiten und Porträts. Aber es gibt immer noch Nachfrage in Nischen wie Industriefotografie, Architektur, Lebensmittel oder medizinische Fotografie. Die Konkurrenz ist groß - aber die Kunden, die für Qualität zahlen, suchen immer noch. Es geht nicht darum, besser zu fotografieren als alle anderen - sondern darum, anders zu verkaufen.

Wie wichtig ist Social Media für Fotografen?

Extrem wichtig. 70 % der neuen Kunden kommen über Instagram oder Pinterest. Aber es geht nicht darum, jeden Tag ein Bild zu posten. Es geht darum, ein Profil zu bauen, das zeigt: „Ich löse dein Problem.“ Wenn du Architekturfotograf bist, zeige nicht nur schöne Häuser - zeige, wie deine Fotos Verkäufe steigern. Das macht den Unterschied.