Die kurze Wahrheit? Fotografie ist 2025 weder tot noch ein Selbstläufer. Wer allgemein „Fotograf“ anbietet, spürt Preisdruck. Wer ein echtes Problem löst - etwa schnellere Immobilienvermarktung, mehr Bewerbungen dank starken Employer-Branding-Bildern oder konvertierende Produktfotos - hat Aufträge. Hier bekommst du: eine klare Ja/Nein-Einordnung, konkrete Nischen mit echter Nachfrage, einen 30‑Minuten‑Test für deine Stadt, einfache Preisformeln und Checklisten, damit du nicht rätst, sondern sicher entscheidest.
TL;DR
- Ja - die Nachfrage nach Fotografen ist 2025 selektiv hoch: B2B (Employer Branding, Corporate Headshots, Events, E‑Commerce, Immobilien) läuft stabil; Generalisten ohne Spezialisierung kämpfen.
- Belege: US Bureau of Labor Statistics prognostiziert für Fotograf/innen 2022-2032 moderates Wachstum (+ ca. 5%). Google Trends (DACH, 2019-2024) zeigt stabile, saisonale Peaks bei „Hochzeitsfotograf“, „Business Portrait“, „Immobilienfotograf“.
- KI verdrängt vor allem einfache Produktfreisteller, schafft aber neue Nachfrage nach Bildregie, People-Themen, authentischen Reportagen und kombinierter Foto‑/Video‑Contentproduktion.
- Tragfähig wird es mit wiederkehrenden B2B‑Aufträgen (Retainer), klaren Nutzungsrechten und realistischen Tagessätzen (Faustformel unten). Hochzeiten bleiben stark, aber saisonal.
- In 30 Minuten kannst du die Nachfrage vor Ort prüfen: Jobs zählen, Trends checken, Wettbewerbsdichte einschätzen, 3‑Paket‑Testpreise simulieren (Anleitung unten).
Schritt-für-Schritt: So misst du Nachfrage und Wettbewerbsdichte
Statt Bauchgefühl: Messe drei Dinge - aktive Nachfrage, Suchinteresse, Konkurrenz. So bekommst du ein realistisches Bild, ob sich dein Fokus in deiner Stadt trägt.
- Aktive Nachfrage (Jobboards/Portale)
Suche auf LinkedIn, Indeed und regionalen Portalen nach „Fotograf“, „Fotografie“, „Content Creator Foto“, „Mediengestalter Foto“, „E‑Commerce Fotografie“, „Immobilienfotograf“ in deinem Umkreis (z. B. 50 km). Zähle aktuelle Ausschreibungen und wiederkehrende Auftraggeber (Agenturen, HR‑Abteilungen, Makler, E‑Commerceler). Notiere die geforderten Skills (Retusche, Video, Drohne).
- Suchinteresse (Google Trends)
Vergleiche die letzten 5 Jahre für Begriffe wie „Hochzeitsfotograf [Stadt]“, „Business Portrait [Stadt]“, „Immobilienfotograf [Stadt]“, „Produktfotograf [Stadt]“. Achte auf Saisonalität (Hochzeiten: April-September; Corporate: Budgetspitzen Q1/Q4; Immobilien: Frühling/Herbst) und ob das Niveau stabil, steigend oder fallend ist.
- Konkurrenzanalyse (Maps/Instagram)
Google Maps: „Fotograf [Stadt]“. Zähle Anbieter mit >50 Bewertungen und aktuellem Portfolio. Prüfe Spezialisierungen (z. B. „Headshots für Tech-Unternehmen“). Instagram: Hashtags/Location-Tags deiner Stadt; wer postet regelmäßig Kundenarbeit? So siehst du, ob du dich differenzieren kannst.
- Preis- und Service-Realität (Mystery Shopping, 45 Minuten)
Schreibe 5 lokalen Fotograf/innen aus drei Nischen (z. B. Headshots, Immobilien, Event) mit einer konkreten, gleichen Anfrage. Achte auf Antwortzeit, Angebotspakete, Nutzungsrechte, Lieferzeit. Daraus baust du deine Pakete - schneller, klarer, mit besserer Nachbetreuung.
- Mini‑Markttest (ohne fertige Website)
Erstelle eine einfache Angebotsseite (Notion/Google Doc reicht) mit 3 Paketen und Kalenderlink. Schalte für 3 Tage eine kleine Local‑Ad (Google/Instagram) auf „[Nische] [Stadt]“, Budget 20-40 CHF/Tag, oder poste in relevanten lokalen Gruppen. Ziel: 1-3 ernsthafte Anfragen. Kein Lead? Passe Nische/Versprechen/Preis an.
- Deutung der Ergebnisse
- Viele Jobposts + klare Suchspitzen + wenige spezialisierte Anbieter = Go.
- Viele Anbieter + generische Angebote = Nische enger schneiden (z. B. „Onsite‑Headshots für Kanzleien“).
- Starke Saisonalität = Zweitnische als Gegengewicht (z. B. Hochzeiten + Q4‑E‑Commerce).
Regulatorisches Check‑in (wichtig, wenn du Drohne anbietest): In der EU regelt die EASA‑Verordnung (EU) 2019/947 den Drohnenbetrieb (A1/A3/A2‑Zertifikate). In der Schweiz gelten die BAZL‑Regeln; seit 2023 ist die Annäherung an das EU‑Recht weit fortgeschritten. Prüfe, was für deine Drohne/Kundenshots nötig ist, bevor du damit wirbst.
Beispiele aus 2024/2025: Nischen mit echter Auftragslage (CH/DACH)
Hier sind Nischen, die aktuell gefragt sind - mit Stärken, Hürden und realistischen Honoraren. Raten sind Richtwerte aus Praxis in Zürich/DACH; dein Markt kann abweichen.
Nische |
Nachfrage |
Wiederholbarkeit |
Typische Budgets |
Einstiegshürde |
Zusatzskills lohnend |
Corporate Headshots / Employer Branding |
Hoch (HR, LinkedIn, Karriereseiten) |
Hoch (Onboarding, neue Teams) |
CHF 800-1’800 pro Halbtag; On‑Site‑Serien 1’500-3’500/Tag |
Mittel (konstante Qualität, Tempo, Licht-Setup) |
On‑Site‑Workflow, Tethering, leichte Video‑Snippets |
Events/Conferences |
Mittel bis hoch (Städte, Messen) |
Mittel (jährlich, Referenzen ziehen) |
CHF 1’200-2’500/Tag; Express‑Lieferung +20-40% |
Mittel (Akkreditierung, schnelle Abgabe) |
Same‑Day‑Selection, Social‑Clips |
Immobilien |
Hoch (laufende Listings) |
Hoch (Maklerportfolios) |
CHF 220-450 pro Objekt; + Drohne/Video: +150-600 |
Niedrig bis mittel (Speed, Konsistenz) |
Drohne (A1/A3), Grundrisse, virtueller Rundgang |
E‑Commerce/Produktfotos |
Hoch (Q3/Q4 Peaks) |
Hoch (Sortimentserweiterungen) |
CHF 20-80 pro Bild Packshot; Sets/Lookbooks: 800-2’500/Tag |
Mittel (Workflow, Farbkonsistenz) |
Color‑Management, Retusche, leichte CGI/Compositing |
Hochzeiten/Elopements |
Hoch, aber saisonal |
Mittel (Empfehlungen, Netzwerke) |
CHF 2’000-5’500 pro Reportage; Alben/After‑Sessions extra |
Mittel (Storytelling, Ausdauer) |
Albenverkauf, Paar‑Videos, Destination‑Logistik |
Presse/Editorial |
Niedriger (sinkende Budgets) |
Niedrig bis mittel |
Oft 150-400 CHF pro Auftrag/Tag; Rechte eingeschränkt |
Mittel (Akkreditierung) |
Text, Multimedia, Agenturen |
Warum sind diese Nischen robust? Unternehmen brauchen regelmäßig frische Bilder, um zu rekrutieren, zu verkaufen oder Events zu dokumentieren. Das sind wiederkehrende, planbare Budgets. Dagegen sind rein kreative, nicht-kommerzielle Bereiche (z. B. Fine‑Art) künstlerisch erfüllend, aber wirtschaftlich schwankend und ohne klare Nachfrage‑Trigger.
Trend‑Notizen 2025 aus der Praxis in Zürich/DACH:
- Employer Branding: Seit Remote/Hybrid achten Firmen stärker auf Team‑Stories und authentische People‑Shots. HR und Marketing teilen sich Budgets - gute Chance für Retainer.
- Short‑Form‑Video: Viele Corporate‑Kund/innen buchen Foto + 3-5 kurze Verticals (15-30 Sek.) fürs Social. Wer beides sauber liefert, gewinnt Pitches.
- KI: Freisteller und einfache Produktvarianten wandern teilweise zu KI/Renderings. Hochwertige People‑Shots, Reportagen, regulierte Themen (Pharma, Banken) bleiben menschlich - Compliance, Realismus, Haftung.
Checklisten & Cheatsheets: Preise, Lizenzen, Ausrüstung, Portfolio
Kein Ratespiel. Hier sind simple Formeln und Checklisten, die deinen Umsatz tragfähig machen.
1) Tagessatz‑Faustformel (freiberuflich)
- Jahreskosten (Ausrüstung, Software, Studio, Versicherung, Transport) + gewünschtes Netto‑Jahreseinkommen + Sozialabgaben/Steuern + 10-15% Reserve
- Teile durch realistische Faktura‑Tage pro Jahr (oft 80-120; der Rest ist Akquise, Postproduktion, Admin).
- Beispiel CH: 40’000 (Kosten) + 80’000 (Nettoziel) + 25’000 (Abgaben geschätzt) + 10’000 (Reserve) = 155’000 CHF. Bei 100 fakturierbaren Tagen ⇒ 1’550 CHF/Tag (exkl. MwSt.).
2) Paketlogik, die verkauft
- Headshots On‑Site (KMU): Basic (1 Setup, 5 Pers., 10 final), Standard (2 Setups, 15 Pers., Branding‑Look), Plus (bis 40 Pers., Style‑Guide, Tethering, Same‑Day‑Auswahl). Klare Add‑ons: Retusche pro Bild, Expresslieferung, erweitere Nutzungsrechte.
- Event: Halbtag/Tag, Anzahl bearbeiteter Bilder garantiert, 24h‑Selektion für Social inklusive; Option: Highlight‑Reel (30-45 Sek.) + kurze Interviews.
- Immobilien: Paket S (Wohnung, 15-20 Bilder), M (Haus, 25-30 + Drohne), L (Premium, + Video/Grundriss/360‑Tour). Zustellung <48h, Schlechtwetter‑Policy.
3) Nutzungsrechte - einfache Multiplikatoren
- Basis: Aufnahme + Grundlizenz (eigene Website/Social des Auftraggebers, national, 1 Jahr).
- Multiplikatoren (Daumenregel):
+0,5 für 2 Jahre; +1,0 für 5 Jahre; +0,5 für DACH statt national; +1,0 für weltweite Nutzung; +0,5 für Paid Ads; +1,0 für Out‑of‑Home (Plakat). Addiere auf den Produktionspreis oder pro Bild.
- Schriftlich regeln: Medium, Gebiet, Dauer. So vermeidest du Streit und verschenkst keine Reichweite.
4) Ausrüstung - ROI statt GAS
- Break‑even‑Formel: Anschaffungspreis / (Zusatzmarge pro Auftrag × erwartete Aufträge in 6-12 Monaten). Kauf nur, wenn du in 6-12 Monaten auf Null kommst.
- Beispiel: Blitz‑Kit für 1’800 CHF bringt dir Headshot‑Jobs mit +150 CHF Marge pro Termin; bei 12 Terminen in 6 Monaten = 1’800 CHF → okay.
- Miete/Leihe testen, bevor du kaufst. Kunden zahlen für Lösung, nicht für die neueste Kamera.
5) Safety & Recht
- Vertrag mit Leistungsumfang, Timeline, Revisionen, Nutzungsrechten, Storno‑ und Schlechtwetter‑Klausel.
- Model Release bei People‑Shots. DSGVO/CH‑DSG beachten (Speicherung, Lieferung, Archivierung).
- Backup 3‑2‑1 (3 Kopien, 2 unterschiedliche Medien, 1 Offsite/Cloud). Berufshaftpflicht sinnvoll.
- Drohne: EU/EASA 2019/947 Kategorien, in CH BAZL prüfen. Stadt/Lokalvorschriften respektieren (z. B. Nähe zu Flughäfen, Menschenansammlungen).
6) Lead‑Maschine in 7 Tagen
- Google Business Profile anlegen, 10-15 starke Referenzbilder, 5-10 echte Bewertungen einholen.
- Website: je Nische eine Landingpage mit Vorher/Nachher, Paketpreisen, FAQ, Kalender. Ladezeit & Mobile first.
- Partner: 3-5 Immobilienmakler/innen, Eventlocations, HR‑Agenturen, E‑Com‑Studios ansprechen. Empfehlungsprämie definieren.
- Content: 1x/Woche Case‑Post mit messbarem Kundenergebnis („+22% Bewerbungen nach neuem Teamshooting“).
Mini‑FAQ: Häufige Folgefragen
Ist Festanstellung als Fotograf/in gefragt?
Weniger als früher - viele Firmen arbeiten projektbasiert. Inhouse‑Rollen existieren (E‑Commerce, Hochschulen, Kommunen, Medienhäuser), kommen aber seltener vor als Freelancer‑Briefings. Schau nach Rollen wie „Content Producer“, „Visual Content Specialist“, „Corporate Communications“ - oft mit Fotografie‑Anteil.
Tötet KI meinen Job?
Sie verschiebt ihn. Standard‑Packshots und einfache Hintergründe werden günstiger. Wertig bleiben: Menschen, Markenstories, regulierte Branchen (Healthcare/Finanzen), on‑location Lichtführung, Express‑Lieferung, verlässliche Prozessführung. Neue Chancen: Bildkonzepte, Set‑Design, AI‑gestützte Varianten, Composites mit realen Assets. Kund/innen zahlen für Ergebnis und Haftung - beides kann KI allein nicht tragen.
Was sind realistische Einstiegsbudgets?
Headshot‑Mini‑Sessions für Selbständige: 250-450 CHF. Kleine Events (3-4 h): 600-1’200 CHF. Immobilien‑Basics: 220-300 CHF/Objekt. Wichtig: nicht dauerhaft im Einstiegssegment hängen bleiben. Nutze Pakete und klare Nutzungsrechte, um in nachhaltige Raten zu wachsen.
Wie viele Kunden brauche ich für 90’000 CHF Jahresumsatz?
Hängt von deinem Mix ab. Beispiel: 12 Eventtage à 1’800 CHF (21’600), 40 Immobilienobjekte/Monat à 260 CHF für 6 Monate (62’400), 10 Headshot‑Termine à 650 CHF (6’500) ⇒ ~90’500 CHF. Oder 6 Retainer à 1’200 CHF/Monat (Corporate Content) ⇒ 86’400 CHF plus Ad‑hoc‑Jobs. Plane konservativ und rechne mit 80-120 fakturierbaren Tagen.
Muss ich auch Video anbieten?
Nicht zwingend, aber es hilft. Schon 3-5 Social‑Clips pro Auftrag heben deinen Wert. Lerne Basics: sauberes Audio, 30-60 Sek. Edits, Hochformat. Biete Foto‑First an und verkaufe Video als Add‑on.
Welche Spezialisierung startet am schnellsten?
Immobilien (Planbarkeit, klare Briefings) und Headshots (hoher Bedarf, wenig Setup) kommen schnell ins Rollen. Hochzeiten erfordern Portfolio/Empfehlungen, lohnen sich dann aber. E‑Commerce skaliert, wenn du einen effizienten Studio‑Workflow aufbaust.
Wie belege ich „Nachfrage“ gegenüber mir selbst?
1) 10 echte Leads in 30 Tagen, 2) 3 zahlende Kund/innen in 60 Tagen, 3) 1 Retainer in 90 Tagen. Wenn du diese Meilensteine in deiner Nische nicht erreichst, justiere Positionierung, Pakete oder wechsel die Nische.
Nächste Schritte (je nach Ausgangslage)
- Wenn du Anfänger/in bist: Wähle 1 Nische. Baue 3 Portfolio‑Shoots mit echten Kund/innen (vergünstigt, aber mit Vertrag). Starte Google Business Profile. Definiere 3 Pakete. Teste Preise mit 10 Angeboten.
- Wenn du schon Buchungen hast: Füge 1 Retainer‑Angebot hinzu (monatlich x Bilder + y Clips). Hebe Raten über Nutzungsrechte statt nur über Produktionszeit. Standardisiere On‑Site‑Workflow.
- Wenn du feststeckst: Enger positionieren (Zielbranche), Antwortzeiten <2 h, Same‑Day‑Preview, Partnerschaften (Makler, Locations, HR). Ersetze schwache Referenzen durch gezielte Case Studies mit Ergebniszahlen.
- Troubleshooting: Viele Leads, wenig Abschlüsse? - Klarere Pakete und Pre‑Qualifizierung. Wenig Leads? - GBP/SEO fixen, Partner akquirieren, 1-2 Ads testen. Zu wenig Marge? - Nutzungsrechte bepreisen, Add‑ons, Minimumgebühren.
Quellenhinweise zur Einordnung: US Bureau of Labor Statistics (Occupational Outlook for Photographers, Prognose 2022-2032), Google Trends (DACH 2019-2024 Suchmuster), EASA‑Verordnung (EU) 2019/947 zum Drohnenbetrieb, BAZL‑Regelwerk Schweiz. Zusätzlich spiegeln die genannten Raten und Muster Praxiserfahrungen aus DACH‑Märkten 2023/2025.