Wenn du dich für eine neue Kamera entscheidest, fragst du dich vielleicht: DSLR oder Spiegelreflexkamera? Welche hält länger? Es ist keine Frage von Marke oder Modell - es geht um das Fundament. Um das Innere. Um die Technik, die unter der Oberfläche arbeitet, Jahr für Jahr, Tausende Auslösungen lang.
Bei einer DSLR (Digital Single-Lens Reflex) springt ein Spiegel nach oben, wenn du den Auslöser drückst. Licht kommt durch das Objektiv, trifft auf diesen Spiegel, wird nach oben in den Sucher geworfen - und dann, im Moment des Auslösens, schiebt sich der Spiegel aus dem Weg, damit das Licht direkt auf den Sensor trifft. Das ist ein mechanischer Prozess. Ein kleiner, aber kräftiger Spiegel, der sich tausendfach bewegt. Jeder Auslöser ist ein kleiner Stoß. Ein kleiner Ruck. Ein bisschen Abnutzung.
Canon und Nikon haben diese Technik über 20 Jahre verfeinert. Ihre DSLRs wie die Canon EOS 5D Mark IV oder die Nikon D850 sind für 150.000 bis 300.000 Auslösungen ausgelegt. Das klingt nach viel - und ist es auch. Aber das ist nur die offizielle Zahl. In der Praxis gehen viele Kameras deutlich darüber hinaus. Ich kenne Fotografen in Zürich, die mit ihren Canon 5D Mark II von 2008 noch heute arbeiten. Sie haben über 500.000 Auslösungen hinter sich. Der Spiegel ist gewechselt worden. Der Verschluss wurde gereinigt. Aber die Kamera? Sie läuft noch.
Spiegelreflexkameras - auch Mirrorless genannt - haben keinen Spiegel. Keinen Sucher mit Prismen. Stattdessen kommt das Licht direkt auf den Sensor. Was du im Sucher siehst, ist ein digitales Bild, das vom Sensor kommt. Kein mechanischer Spiegel, der hoch- und runterklappt. Kein Ruck. Kein Verschleiß durch Bewegung.
Das klingt wie eine Revolution. Und das ist es auch - aber nicht in puncto Haltbarkeit. Denn der Verschluss bleibt. Und der Verschluss ist der schwächste Punkt bei jeder Kamera, egal ob mit oder ohne Spiegel. Bei Mirrorless-Kameras wie der Canon EOS R6 Mark II oder der Nikon Z6 II liegt die Verschlusslebensdauer bei 200.000 bis 500.000 Auslösungen. Einige Modelle, wie die Sony A1, sind sogar für 500.000 Auslösungen ausgelegt. Das ist mehr als bei den meisten DSLRs.
Aber hier ist der Haken: Bei Mirrorless-Kameras gibt es keinen Spiegel, der kaputtgehen kann. Dafür gibt es andere mechanische Teile, die unter Druck stehen. Der Verschluss bewegt sich jetzt schneller, weil er nicht mehr nur einen Spiegel umschalten muss, sondern direkt den Sensor freigibt. Und er muss präziser sein, weil es keinen optischen Sucher gibt, der die Bildkomposition abfedert. Jede Bewegung zählt.
Bei einer DSLR ist der Verschluss oft der erste Teil, der nach vielen Jahren versagt. Bei einer Nikon D750 aus dem Jahr 2014, die 250.000 Auslösungen hinter sich hat, kann der Verschluss langsam träge werden. Die Blende reagiert nicht mehr sofort. Das Bild wird dunkler, als es sollte. Ein Fotograf in Bern hat mir erzählt, dass er seinen Verschluss für 220 Franken hat ersetzen lassen - inklusive Reinigung und Kalibrierung. Die Kamera war danach wie neu.
Bei Mirrorless-Kameras ist es ähnlich. Der Verschluss ist auch hier der kritische Punkt. Aber bei einigen Modellen, besonders bei High-End-Kameras, gibt es jetzt eine elektronische Kamerafunktion: den elektronischen Verschluss. Keine beweglichen Teile. Kein Verschleiß. Nur Elektronik. Bei der Canon EOS R5 kannst du bis zu 120 Bilder pro Sekunde mit elektronischem Verschluss schießen - ohne dass sich ein einziger Mechanismus bewegt.
Das ist der große Vorteil von Mirrorless: Du kannst den mechanischen Verschluss ganz ausschalten. Wenn du nicht mit Blitz fotografierst, wenn du nicht in extremem Licht bist, wenn du nicht auf höchste Bildqualität angewiesen bist - dann nutzt du den elektronischen Verschluss. Und der hält ewig. Oder zumindest länger als jeder mechanische Verschluss.
Der Sensor ist bei beiden Systemen gleich. Er ist aus Glas, Silizium, und er hat keine beweglichen Teile. Er stirbt nicht durch Auslösungen. Er stirbt durch Staub, Feuchtigkeit oder extreme Hitze. Ein Sensor, der 300.000 Auslösungen überstanden hat, ist nicht müde. Er ist nur schmutzig. Und das lässt sich reinigen.
Akkus? Beide Systeme verbrauchen heute ähnlich viel Strom. Mirrorless-Kameras haben lange Zeit als Stromfresser gegolten - weil sie ständig den Sensor und das Display nutzen. Aber heute sind die Akkus besser. Die Nikon Z8 hält mit einem Akku über 400 Aufnahmen. Die Canon EOS R6 Mark II kommt auf 360. Das ist nicht viel mehr als bei einer Canon 5D Mark IV mit 900 Auslösungen - aber es ist nah genug, um keine Entscheidungsgrundlage zu sein.
Das Display? Beide Systeme haben Touchscreens. Beide haben OLED-Displays. Die Lebensdauer liegt bei etwa 50.000 Stunden. Wenn du täglich eine Stunde schaust, hält das Display 137 Jahre. Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist: Beide Systeme nutzen die gleichen Komponenten. Es gibt keinen klaren Gewinner hier.
Weil er der einzige Teil ist, der bei DSLRs mechanisch bewegt wird - und bei Mirrorless nicht. Ein Spiegel hat keine Lebensdauerangabe. Er hat keine Nummer. Er ist kein Verschluss mit 200.000 Auslösungen. Er ist ein kleiner, dünner Spiegel aus Metall, der sich tausendmal pro Tag bewegt. Und er kann sich verformen. Er kann sich verhaken. Er kann sich abnutzen.
Ich habe eine Nikon D700 aus dem Jahr 2008. Sie hat 420.000 Auslösungen. Der Spiegel ist nicht kaputt. Aber er rattert. Leicht. Nicht laut. Aber hörbar. Es ist ein anderes Geräusch als früher. Der Fotograf, der sie mir verkaufte, sagte: „Er hat sich verändert.“
Bei einer Mirrorless-Kamera wie der Sony A7 IV gibt es keinen solchen Ratterton. Kein Flattern. Kein Knacken. Nur Stille. Und das ist nicht nur angenehm. Das ist ein Zeichen dafür, dass weniger Teile sich bewegen. Und weniger Bewegung bedeutet weniger Verschleiß.
Canon und Nikon haben seit 2020 fast alle neuen Modelle nur noch als Mirrorless veröffentlicht. Die Canon EOS R3. Die Nikon Z9. Die Z8. Die Z7 II. Die DSLRs sind ausgestorben. Nicht weil sie schlecht sind. Sondern weil sie überholt sind. Die Technik hat sich verändert. Die Anforderungen haben sich verändert.
Ein Fotograf, der 2025 eine DSLR kauft, kauft ein Relikt. Nicht weil es nicht funktioniert. Sondern weil es nicht mehr weiterentwickelt wird. Kein neues Firmware-Update. Keine neuen Objektive. Keine Verbesserungen am Sensor. Keine Automatik für Gesichtserkennung. Keine Stabilisierung im Körper. Nur noch die alte Technik.
Und das ist der entscheidende Punkt: Haltbarkeit ist nicht nur Mechanik. Haltbarkeit ist auch Support. Eine Kamera, die 2025 noch funktioniert, aber keine Updates mehr bekommt, ist technisch gesehen veraltet. Sie funktioniert - aber sie ist nicht mehr konkurrenzfähig.
Wenn du nur auf mechanische Haltbarkeit schaust - dann ist eine DSLR nicht automatisch besser. Ein gut gepflegter Verschluss bei einer Mirrorless-Kamera hält länger als ein Spiegel bei einer DSLR. Und wenn du den elektronischen Verschluss nutzt, hast du gar keinen mechanischen Verschluss mehr. Dann hält die Kamera einfach so lange, wie der Sensor und die Elektronik halten - und das ist mindestens 10 Jahre.
Wenn du auf Zukunftssicherheit schaust - dann ist Mirrorless die klare Wahl. Du bekommst neue Funktionen, bessere Autofokus-Systeme, höhere Bildraten, bessere Videoqualität. Und du kannst die Kamera bis 2030 oder 2035 nutzen - mit Updates, mit neuen Objektiven, mit moderner Software.
DSLRs halten. Sie halten sehr lange. Aber sie halten nicht länger als Mirrorless-Kameras. Sie halten nur anders. Sie halten mit Mechanik. Mirrorless-Kameras halten mit Elektronik. Und Elektronik, wenn sie gut gemacht ist, hält länger als bewegliche Teile.
Wenn du heute eine Kamera kaufst - und sie für 10 Jahre behalten willst - dann nimm eine Mirrorless-Kamera. Nicht weil sie „besser“ ist. Sondern weil sie weniger kaputtgeht. Und weil sie mit der Zeit mitwächst. Die DSLR ist ein Held der Vergangenheit. Die Mirrorless ist die Kamera der Zukunft. Und die Zukunft hält länger.
Ja, mit einem Adapter. Canon und Nikon bieten offizielle Adapter an, mit denen du deine alten EF- oder F-Mount-Objektive an neue Mirrorless-Kameras anschließen kannst. Der Autofokus funktioniert meistens noch, manchmal etwas langsamer. Die Bildqualität bleibt erhalten. Viele Fotografen nutzen diese Adapter, um ihre alten Objektive weiterzuverwenden - besonders wenn sie teure Glaslinsen haben.
Wenn du nur für Hobbyfotografie brauchst und keine neuen Funktionen brauchst, dann ja. Eine gebrauchte Canon 6D Mark II oder Nikon D750 ist immer noch eine hervorragende Kamera. Aber du bekommst keine Firmware-Updates mehr, keine neuen Features, und die Auswahl an neuen Objektiven ist eingestellt. Du investierst in eine Technik, die nicht mehr weiterentwickelt wird - nicht in eine, die wächst.
Ein elektronischer Verschluss hat keine beweglichen Teile - daher gibt es keine offizielle Lebensdauerangabe. Er kann theoretisch so lange funktionieren, wie der Sensor und die Elektronik halten. In der Praxis halten moderne Kameras mit elektronischem Verschluss mindestens 10 Jahre, oft länger. Es gibt keine dokumentierten Fälle, in denen ein elektronischer Verschluss aus „Abnutzung“ ausgefallen ist.
Nur, wenn du neue Funktionen brauchst: besseren Autofokus, Videoqualität, Stabilisierung oder leiseres Arbeiten. Wenn deine DSLR noch perfekt funktioniert und du zufrieden bist, musst du nicht tauschen. Aber wenn du in fünf Jahren eine neue Kamera brauchst, wird es kaum noch neue DSLRs geben. Dann wirst du gezwungen sein, auf Mirrorless umzusteigen - und dann ist der Wechsel teurer, weil du alles neu kaufen musst.
Beide haben starke Mirrorless-Systeme. Canon hat mit der R-Serie einen klaren Vorsprung in der Automatik und Benutzerfreundlichkeit. Nikon hat mit der Z-Serie bessere Sensor-Technik und höhere Auflösung. Beide bieten gute Objektiv-Optionen. Es gibt keinen klaren Sieger. Wähle die Marke, deren Bedienung dir liegt - nicht die, die angeblich „besser“ ist.