Wer steht eigentlich hinter den ikonischen Bildern von Balenciaga? Die Fotos, die uns mit ihrer kühlen Ästhetik, den übertriebenen Proportionen und dem fast dystopischen Realismus fesseln - wer hat sie geschossen? Es ist keine einzige Person. Aber eine Frau hat die visuelle Sprache von Balenciaga in den letzten Jahren maßgeblich geprägt: Cindy Sherman.
Sherman, geboren 1954, ist keine Modefotografin im klassischen Sinn. Sie ist eine Künstlerin, die sich seit den 1970er Jahren mit Identität, Gender und Darstellung beschäftigt. Ihre berühmten Selbstporträts, in denen sie sich als verschiedene Figuren verkleidet, haben die Kunstwelt verändert. Und genau diese Ästhetik - die Unsicherheit, die Verfremdung, die künstliche Inszenierung - ist es, die Balenciaga in seinen Kampagnen übernommen hat.
2019 veröffentlichte Balenciaga eine Serie mit Modellen, die in künstlichem Licht in leeren Supermärkten posierten. Die Bilder wirkten wie aus einem surrealen Film - kalt, distanziert, fast beängstigend. Die gleiche Stimmung prägt Shermans Werk Untitled Film Stills aus den 1970ern. In beiden fällt auf: Es geht nicht um Schönheit. Es geht um Haltung. Um Macht. Um die Frage, wer wir sein wollen, wenn wir gesehen werden.
2021 kam eine weitere Kampagne: Models mit übertriebenen Schultern, die wie Roboter durch eine leere Straße gingen. Der Hintergrund? Ein graues, künstliches Studio. Kein Wind, kein Licht, keine Emotion. Nur Körper, die wie Objekte präsentiert werden. Das ist Sherman. Nicht die Mode. Nicht die Marke. Die Darstellung von Identität als Fassade.
Das ist der Unterschied zwischen Inspiration und Auftrag. Sherman ist die Seele der Bilder, nicht die Hand, die den Auslöser drückt. Die offiziellen Fotografen von Balenciaga sind Profis aus der Modebranche, die mit großen Magazine wie Vogue und Harper’s Bazaar arbeiten. Sie haben die Technik, die Ausrüstung, die Produktion. Sherman hat die Idee.
Alle diese Fotografen haben eines gemeinsam: Sie vermeiden klassische Modefotografie. Keine glatten Haut, keine perfekten Lächeln, keine glamourösen Hintergründe. Stattdessen: Leere Räume, unangenehme Posen, unnatürliche Lichtverhältnisse. Das ist nicht ein Stil. Das ist eine Botschaft.
Die Fotografien sind eine Antwort auf die Überflutung mit perfekten Bildern in den sozialen Medien. Sie zeigen: Perfektion ist langweilig. Authentizität ist oft unangenehm. Und manchmal ist die Wahrheit eine Maske.
Das ist, warum diese Bilder so erfolgreich sind. Sie erinnern uns daran, dass Mode nicht nur darum geht, gut auszusehen. Sondern darum, zu fragen: Wer bin ich, wenn ich nicht gesehen werde?
Wenn Sie Balenciaga-Fotos betrachten, sehen Sie nicht nur Jacken und Stiefel. Sie sehen eine Frage, die seit 50 Jahren gestellt wird: Wer sind wir, wenn wir uns verkleiden? Und wer entscheidet, wer wir sein dürfen?
Das ist der wahre Grund, warum diese Bilder uns nicht loslassen. Es ist nicht die Marke. Es ist die Kunst, die hinter ihr steht - und die Frau, die sie inspiriert hat.
Nein, Cindy Sherman hat nie offiziell für Balenciaga fotografiert. Sie ist eine Künstlerin, deren Werk die visuelle Sprache der Marke stark beeinflusst hat, aber sie ist nicht Teil des fotografischen Teams. Die tatsächlichen Fotografen sind David Sims, Willy Vanderperre und andere Profis der Modefotografie.
Weil die Ästhetik der Balenciaga-Kampagnen - die Verfremdung, die Inszenierung, die künstliche Realität - direkt aus Shermans Werk stammt. Ihre Serie Untitled Film Stills und andere Arbeiten haben gezeigt, wie Identität durch Kleidung und Pose konstruiert wird. Balenciaga hat diese Idee übernommen und in die Mode übersetzt.
Zu den Hauptfotografen gehören David Sims, Willy Vanderperre, Paolo Roversi und Tim Walker. Sie haben die visuelle Identität der Marke zwischen 2015 und 2025 geprägt - mit kühlen, minimalistischen oder surrealen Bildern, die bewusst gegen die Tradition der Modefotografie verstoßen.
Balenciaga vermeidet klassische Schönheitsstandards. Statt glatter Haut und perfekter Posen zeigt sie leere Räume, unangenehme Haltungen und künstliche Lichtverhältnisse. Es geht nicht darum, Mode zu verkaufen, sondern eine Frage zu stellen: Was ist echt in einer Welt voller Inszenierung?
Weil sie die Müdigkeit der perfekten Bilder in sozialen Medien aufgreift. Balenciaga zeigt, dass Unvollkommenheit, Verfremdung und Unbehagen oft authentischer wirken als Perfektion. Die Marke verkauft nicht Kleidung - sie verkauft eine kritische Haltung zur modernen Kultur.