Mode November 18, 2025

Ist Louis Vuitton geschlechtsneutral? Was hinter der Marke steckt

Melina Fassbinder 0 Kommentare

Im Jahr 2025 fragt sich immer mehr Menschen: Ist Louis Vuitton wirklich geschlechtsneutral? Die Marke, die seit 1854 für Luxus, Reisen und exklusive Handarbeit steht, hat sich in den letzten Jahren radikal verändert. Es geht nicht mehr nur um Handtaschen für Frauen oder Koffer für Männer. Es geht um Kleidung, die niemandem sagt, wer er sein soll - nur wer er sein möchte.

Die Ära von Nicolas Ghesquière und Virgil Abloh

Der Wendepunkt kam 2018, als Virgil Abloh als erster schwarzer kreativer Direktor bei Louis Vuitton eingestellt wurde. Er brachte Streetwear in die Haute Couture, löste die Grenzen zwischen Herren- und Damengarderobe auf und machte Oversized-Jacken, Röcke für Männer und unisex Schuhe zum Standard. Seine Kollektionen zeigten keine Frauen oder Männer - sie zeigten Menschen. Nach Ablohs Tod im Jahr 2021 übernahm Nicolas Ghesquière die volle Kontrolle - und baute weiter auf diesem Fundament auf.

Heute tragen Männer bei Louis Vuitton Röcke aus Leder, Frauen tragen Anzüge mit weiten Hosen, die früher nur für Herren gedacht waren. Die Kollektionen heißen nicht mehr „Herren“ oder „Damen“, sondern einfach „Louis Vuitton“. Die Labels auf den Taschen sind jetzt oft nur noch in einer einzigen Schriftart - keine Geschlechterunterscheidung, keine Symbole, die sagen: „Das ist für dich“ oder „Das ist nicht für dich“.

Was bedeutet geschlechtsneutral in der Mode?

Geschlechtsneutral bedeutet nicht, dass es keine Frauen oder Männer mehr gibt. Es bedeutet, dass die Kleidung nicht mehr nach Geschlecht klassifiziert wird. Es geht darum, dass jemand, egal ob er, sie oder sie* sich fühlt, die gleichen Stücke wählen kann - ohne sich rechtfertigen zu müssen.

Bei Louis Vuitton ist das keine Marketing-Strategie, sondern eine Design-Philosophie. Die Stoffe werden nicht nach „weiblich“ oder „männlich“ ausgewählt, sondern nach Haltbarkeit, Fall und Textur. Ein Mantel aus Nappa-Leder hat denselben Schnitt, egal ob er auf einem Mann, einer Frau oder einer nicht-binären Person sitzt. Die Form entscheidet - nicht das Geschlecht.

Das ist kein Zufall. Es ist eine Reaktion auf eine neue Generation, die nicht mehr in Binärkategorien denkt. Eine Studie von McKinsey aus dem Jahr 2024 zeigt: 68 % der 18- bis 28-Jährigen in Europa kaufen Mode, die nicht nach Geschlecht getrennt ist. Louis Vuitton ist nicht der Erste, aber einer der Wenigen, der das konsequent umgesetzt hat - ohne es als Trend zu verkaufen.

Die Rolle der Modefotografie

Die visuelle Darstellung spielt eine entscheidende Rolle. Modefotografen wie Willy Vanderperre, Steven Meisel und newer talents wie Taryn Simon haben bei Louis Vuitton die Regeln neu geschrieben. Sie zeigen keine perfekten Models, die in klassischen Rollen tanzen. Sie zeigen Menschen mit unterschiedlichen Körpern, Hautfarben, Geschlechtsidentitäten - und sie zeigen sie als gleichwertig.

Ein Foto aus der Herbst/Winter-Kollektion 2025 zeigt einen Mann mit langem Haar, der einen Rock trägt, während eine Frau mit kurzen Haaren und einem Anzug neben ihm steht. Keiner von beiden wirkt „falsch“. Keiner von beiden wirkt „inszeniert“. Sie wirken einfach - da. Das ist der Kern der geschlechtsneutralen Mode: Normalität statt Provokation.

Die Fotografie bei Louis Vuitton ist heute kein Werbeblatt mehr. Sie ist ein Dokument. Ein Dokument davon, wie Mode heute gelebt wird - nicht wie sie verkauft werden soll.

Zwei Menschen auf einem Dach, einer mit Rock, eine mit Anzug, goldenes Abendlicht, authentische Haltung, keine Gender-Klischees.

Die Kritik: Ist es echte Inklusion oder nur Marketing?

Natürlich gibt es Kritik. Manche sagen: „Das ist nur eine Strategie, um jüngere Kunden anzusprechen.“ Andere sagen: „Wenn du eine Tasche für 3.000 Euro kaufst, dann bist du nicht wirklich inklusiv - du bist teuer.“

Das stimmt. Louis Vuitton ist keine soziale Bewegung. Es ist ein Luxusunternehmen mit einem Jahresumsatz von über 20 Milliarden Euro. Aber das macht die Veränderung nicht weniger real. Es ist kein Widerspruch, dass eine Marke, die Reichtum verkauft, gleichzeitig die Grenzen von Geschlecht aufbricht. Viele Menschen, die sich von traditionellen Mode-Regeln ausgeschlossen fühlten, finden jetzt bei Louis Vuitton etwas, das sie nicht nur kaufen, sondern auch repräsentieren können.

Die echte Frage ist nicht: „Ist es authentisch?“ Sondern: „Hat es einen Einfluss?“ Und die Antwort lautet: Ja. Andere Marken wie Gucci, Prada und Balenciaga folgen dem Weg. Die Industrie verändert sich - und Louis Vuitton hat den Anfang gemacht.

Was du heute bei Louis Vuitton findest

Wenn du heute in einen Laden gehst, findest du:

  • Röcke, die als „One Size“ verkauft werden - passend für alle Körpergrößen
  • Schuhe ohne Geschlechtsbezeichnung - nur mit Nummern und Materialangaben
  • Jacken mit derselben Schnittlinie, egal ob sie auf einem Mann oder einer Frau getragen werden
  • Accessoires, die keine Gender-Labels tragen - nur das LV-Monogramm

Die Verpackung? Kein rosa oder blau. Nur schwarz, weiß und gold. Die Karte im Karton? Kein „Für ihn“ oder „Für sie“. Nur ein Satz: „Für dich.“

Louis Vuitton-Tasche schwebend über einer Mosaik aus menschlichen Silhouetten, alte Geschlechterlabels lösen sich in Rauch auf.

Warum das wichtig ist - auch für Fotografen

Als Modefotograf:in ist es nicht mehr genug, nur schöne Bilder zu machen. Du musst verstehen, was du fotografierst. Die Modelle heute sind keine Puppen. Sie sind Menschen mit Identitäten, die nicht in die alten Kategorien passen. Deine Kamera muss das sehen - nicht verstecken.

Wenn du ein Bild von einem Louis Vuitton-Outfit machst, dann machst du kein Bild von „Mode“. Du machst ein Bild von Freiheit. Von der Möglichkeit, sich nicht definieren zu lassen. Und das ist das Einzige, was heute wirklich Luxus ist.

Die Zukunft: Keine Geschlechter - nur Menschen

Louis Vuitton wird nie alle Menschen ansprechen. Aber es hat gezeigt, dass man Luxus nicht mehr mit Tradition verwechseln muss. Die Zukunft der Mode ist nicht mehr männlich oder weiblich. Sie ist einfach: menschlich.

Wenn du eine Tasche von Louis Vuitton trägst, trägst du nicht nur ein Produkt. Du trägst eine Haltung. Die Haltung, dass Kleidung nicht bestimmen sollte, wer du bist - sondern dir helfen kann, zu sein, wer du willst.

Ist Louis Vuitton die erste Marke, die geschlechtsneutral ist?

Nein, Louis Vuitton ist nicht die erste Marke, die geschlechtsneutral arbeitet. Marken wie Rad Hourani, Telfar und Genderless haben das schon vor Jahren begonnen. Aber Louis Vuitton ist die erste Luxusmarke mit globalem Einfluss, die das konsequent in ihre Hauptkollektionen integriert hat - und damit den Mainstream verändert hat.

Kann man geschlechtsneutrale Mode auch günstig kaufen?

Geschlechtsneutrale Mode gibt es auch günstig - aber nicht bei Louis Vuitton. Marken wie Zara, H&M oder COS haben unisex-Kollektionen, die preiswerter sind. Louis Vuitton steht für Handarbeit, Materialqualität und Markenwert. Wer geschlechtsneutrale Mode sucht, kann zwischen Luxus und Alltag wählen - aber die Philosophie ist dieselbe.

Warum zeigen Modefotografien bei Louis Vuitton oft undiverses Personal?

Weil die Mode selbst divers ist. Wenn du Kleidung schaffst, die niemandem sagt, wer er sein soll, dann musst du auch Menschen zeigen, die diese Freiheit leben. Es geht nicht um „Diversity-Boxen“ - es geht darum, die Realität abzubilden: Menschen, die sich nicht in alte Kategorien pressen lassen.

Gibt es bei Louis Vuitton noch geschlechtsspezifische Kollektionen?

Nein. Seit 2023 hat Louis Vuitton alle Kollektionen auf unisex umgestellt. Es gibt keine separaten Herren- oder Damengarderoben mehr in den Stores oder auf der Website. Alle Artikel sind in einem einzigen Katalog organisiert - nach Material, Farbe und Funktion, nicht nach Geschlecht.

Wie reagieren ältere Kunden auf diese Veränderung?

Einige fühlen sich verunsichert - besonders die Kunden, die Louis Vuitton als Symbol für traditionelle Eleganz kannten. Aber viele andere, besonders aus der Generation 50+, schätzen die Einfachheit. Sie sagen: „Endlich kann ich mir etwas kaufen, ohne nachzudenken, ob es für mich oder meinen Mann ist.“ Die Marke hat nicht verloren - sie hat sich erweitert.