Karriere Dezember 26, 2025

Wie viel kann man als Anfänger-Fotograf verdienen?

Melina Fassbinder 0 Kommentare

Als Anfänger-Fotograf fragst du dich wahrscheinlich: Kann ich damit wirklich Geld verdienen? Oder ist das nur ein teures Hobby? Die Antwort ist klar: Ja, du kannst Geld verdienen - aber nicht so, wie du es dir vielleicht vorstellst. Es gibt keine feste Gehaltsskala, keine Monatsabrechnung, und auch keine Garantie, dass dein erstes Foto sofort verkauft wird. Aber mit der richtigen Herangehensweise kannst du innerhalb von 6 bis 12 Monaten erste Einnahmen generieren - selbst ohne Studio, teure Ausrüstung oder einen Abschluss in Fotografie.

Wie viel verdient ein Anfänger-Fotograf wirklich?

Die Zahlen variieren stark. In der Schweiz verdienen Anfänger-Fotografen im ersten Jahr zwischen 1.000 und 4.000 CHF brutto, wenn sie regelmäßig Aufträge haben. Das klingt wenig - und das ist es auch. Aber es ist realistisch. Die meisten Anfänger verdienen nicht mit Hochzeiten oder Mode-Shoots, sondern mit kleinen, alltäglichen Aufträgen: Porträts für Familien, Fotos von Haustieren, Bilder von lokalen Geschäften, oder sogar Dokumentationen von Events wie Flohmärkten oder Gemeindeveranstaltungen.

Ein typisches Beispiel: Ein Fotograf in Zürich macht im Monat drei Porträts zu je 80 CHF, zwei Haustier-Shoots zu je 60 CHF und ein kleines Geschäftsfoto für einen Bäcker zu 100 CHF. Das sind 460 CHF pro Monat. Kein Vermögen, aber auch kein Verlust. Und das mit einer Kamera, die unter 500 CHF gekostet hat, und einem einfachen Laptop.

Die meisten Anfänger verdienen nicht mit dem Verkauf von Bildern, sondern mit Dienstleistungen. Du verkaufst nicht nur Fotos - du verkaufst Zeit, Erfahrung, Vertrauen und ein schnelles Ergebnis. Das ist der Schlüssel.

Was du wirklich brauchst - und was nicht

Du brauchst keine Canon EOS R5, kein Lichtset mit drei Blitzgeräten und keinen eigenen Fotostudio-Raum. Du brauchst:

  • Eine Kamera, die manuell eingestellt werden kann (auch eine gebrauchte Canon EOS Rebel T7 oder eine Sony A6000 reicht)
  • Einen stabilen Stativ (unter 50 CHF)
  • Eine einfache Lightroom-Lizenz oder kostenlose Alternativen wie Darktable
  • Einen Laptop, auf dem du Bilder bearbeiten kannst
  • Ein Instagram-Konto oder eine einfache Website mit 5-8 Bildern

Was du nicht brauchst: Ein teures Objektiv mit f/1.2, eine Drohne, oder einen Fotografie-Abschluss. Viele Kunden interessieren sich nicht dafür, was du studiert hast. Sie wollen ein gutes Foto, das sie schnell bekommen - und das zu einem Preis, den sie verstehen.

Ein Fotograf aus Bern hat mit einer gebrauchten Nikon D3400 und einem 50-mm-Objektiv (300 CHF gesamt) innerhalb von vier Monaten 2.800 CHF verdient - durch lokale Porträts, Tierfotos und Fotos von Gärten für Immobilienmakler. Kein Studio. Kein Team. Keine Werbeagentur. Nur 20 Stunden Arbeit pro Monat.

Wo du deine ersten Aufträge findest

Die meisten Anfänger warten darauf, dass Kunden sie finden. Das funktioniert nicht. Du musst sie finden.

  • Lokale Geschäfte: Gehe in deine Nachbarschaft. Sprich mit Bäckern, Blumenläden, kleinen Cafés. Biete an, kostenlose Fotos für ihre Social-Media-Kanäle zu machen - im Austausch gegen ein Foto mit ihrem Logo und einem Verweis auf dich.
  • Facebook-Gruppen: Suche nach Gruppen wie «Familien in Zürich» oder «Haustiere der Schweiz». Poste: «Ich mache kostenlose Porträts für Familien mit Kindern unter 5 - nur für 3 Fotos.» Viele nehmen an. Du bekommst Übung, Referenzen und Mundpropaganda.
  • Studenten und junge Eltern: Diese Gruppen haben oft wenig Geld, aber viel Bedarf. Ein Porträt für eine Studentin, die ihr Profilbild auf LinkedIn aktualisieren will, kostet 40 CHF. Einfach, schnell, und du baust dein Portfolio auf.
  • Freiwilligenarbeit: Fotografier für lokale Vereine - den Sportverein, die Kirchengemeinde, den Tierheim-Tag. Du bekommst Erfahrung, Referenzen und oft eine kleine Spende oder ein Dankeschön-Geschenk.

Die ersten 10 Aufträge sind hart. Aber sie sind der Schlüssel. Nach dem zehnten Foto weißt du, wie du dich verhältst, wie du mit Kunden sprichst, und wie du Bilder auswählst. Danach wird es einfacher.

Eine Familie wird im Garten porträtiert, ein Fotograf zeigt ihnen ein Bild auf einem Tablet.

Wie du deine Preise festlegst - ohne zu unterbieten

Ein Fehler, den fast alle Anfänger machen: Sie verkaufen ihre Fotos zu billig. 20 CHF pro Foto? Das ist kein Geschäft - das ist Selbstausbeutung.

Ein guter Ansatz: Stundenlohn + Materialkosten. Rechne mit 25 CHF pro Stunde. Ein Porträt-Shoot dauert 1,5 Stunden. Die Bearbeitung: 1 Stunde. Das sind 2,5 Stunden = 62,50 CHF. Dazu 10 CHF für Speicherkarten, Drucke oder Cloud-Speicher. Du verlangst 75 CHF. Das ist fair. Und es ist mehr, als du denkst.

Wenn jemand sagt: «Das ist zu viel», antworte: «Ich verkaufe keine Fotos. Ich verkaufe ein Erlebnis - und Bilder, die du 20 Jahre lang behalten wirst.» Die meisten Kunden verstehen das, wenn du es klar sagst.

Vermeide Pakete wie «5 Fotos für 50 CHF». Das macht dich zur Ware. Biete stattdessen «Ein Porträt-Shoot mit 5 hochwertigen Bildern - inklusive digitalem Download - für 80 CHF». Das klingt professionell. Und du verdienst mehr.

Was du nicht tun solltest

Es gibt einige Fallen, die Anfänger leicht betreten - und aus denen sie schwer wieder herauskommen.

  • Nicht umsonst arbeiten: «Ich mache es für die Erfahrung» - das ist ein Mythos. Erfahrung zahlt keine Miete. Wenn du arbeitest, verlange Geld. Selbst wenn es nur 20 CHF sind.
  • Nicht mit Konkurrenz vergleichen: Ein Fotograf mit 10.000 Followern auf Instagram verdient nicht mehr als du. Er hat 5 Jahre gebraucht. Du bist noch am Anfang. Konzentriere dich auf deinen Weg.
  • Nicht auf «gute Lichtverhältnisse» warten: Du brauchst kein perfektes Wetter. Du brauchst eine Kamera, die in schwachem Licht funktioniert. Lerne, mit natürlichem Licht zu arbeiten - auch bei Regen oder Nebel.
  • Nicht auf Social Media vertrauen: Du kannst nicht von Likes leben. Du kannst aber von Kunden leben, die du über Instagram findest. Aber nur, wenn du sie auch ansprichst, anrufst und ein Angebot machst.
Zeitleiste eines Anfänger-Fotografen: von einfachem Equipment bis zu 30 Bildern und wiederkehrenden Kunden.

Wie du nach einem Jahr mehr verdienst

Nach 12 Monaten solltest du drei Dinge haben:

  • Ein Portfolio mit mindestens 30 Bildern (nicht 5, nicht 10 - 30)
  • 5 wiederkehrende Kunden (z. B. ein Café, ein Tierarzt, ein Bäcker)
  • Eine klare Preisliste - und den Mut, sie zu verlangen

Wenn du das hast, kannst du deine Preise langsam erhöhen. Von 80 CHF auf 120 CHF. Von 120 auf 150. Und du kannst neue Dienstleistungen anbieten: Fotografie für kleine Unternehmen, Monatsbilder für Ärzte, oder sogar Mini-Workshops für Eltern, die ihre Kinder fotografieren wollen.

Ein Fotograf aus Luzern hat nach einem Jahr 18.000 CHF verdient - mit 150 Aufträgen. Durchschnittlich 120 CHF pro Job. Kein großer Erfolg? Vielleicht. Aber das ist mehr als die meisten Teilzeit-Jobs in der Schweiz. Und du arbeitest, wann du willst. An einem Tag 3 Stunden, am nächsten Tag frei. Das ist der wahre Wert.

Was du jetzt tun kannst - sofort

Wenn du heute Abend nur eine Sache tust, dann mache das:

  1. Gehe morgen früh zu einem kleinen Laden in deiner Nachbarschaft.
  2. Frage: «Könnte ich Ihnen ein paar Fotos von Ihrem Geschäft machen? Für Ihre Website oder Ihr Fenster?»
  3. Wenn sie Ja sagen: Mach drei Fotos. Schicke sie am selben Tag per E-Mail.
  4. Schreibe: «Vielen Dank für die Gelegenheit. Ich freue mich, wenn Sie mich weiterempfehlen.»

Du hast gerade dein erstes Geschäft abgeschlossen. Und du hast angefangen.

Kann man als Anfänger-Fotograf wirklich von der Fotografie leben?

Nein - nicht sofort. Aber du kannst damit ein Nebeneinkommen aufbauen, das nach 1-2 Jahren bis zu 3.000-5.000 CHF pro Jahr erreichen kann. Viele Fotografen in der Schweiz arbeiten halbtags - und haben nebenbei einen anderen Job. Das ist normal. Der Traum, sofort Vollzeit zu arbeiten, ist selten realistisch. Der Traum, langsam und sicher zu wachsen, ist es.

Wie wichtig ist die Kamera für den Verdienst?

Nicht sehr. Die Kamera macht 10 % aus. Die Fähigkeit, Licht zu lesen, Kunden zu führen und Bilder auszuwählen, macht 90 % aus. Viele Kunden können nicht unterscheiden, ob du eine Canon oder eine Sony hast. Sie sehen nur, ob das Foto gut aussieht. Ein gutes Foto mit einer alten Kamera ist besser als ein schlechtes mit einer teuren.

Sollte ich ein Portfolio-Website erstellen?

Ja - aber nicht zu kompliziert. Eine einfache Seite mit 8-12 Bildern, deinem Namen, deinem Standort und einer Kontakt-Formular reicht. Du brauchst keine Animationen, keine Shop-Funktion, keine Blog-Beiträge. Ein klarer Auftrag: «Ich mache Porträts für Familien und kleine Geschäfte. Kontaktieren Sie mich.»

Was ist der häufigste Fehler von Anfängern?

Sie warten darauf, dass Kunden sie finden. Die meisten Anfänger posten Fotos auf Instagram und warten. Aber Kunden kommen nicht einfach. Du musst sie ansprechen. Du musst lokal sein. Du musst aktiv werden. Fotografie ist kein passiver Beruf - sie ist ein Dienstleistungsberuf. Und Dienstleistungen verkaufen sich nicht von allein.

Gibt es in der Schweiz Unterstützung für Anfänger-Fotografen?

Ja. Viele Kantone bieten Kurse für Selbstständige an - oft kostenlos oder mit Subventionen. In Zürich gibt es zum Beispiel «Startfonds» für Kreative. Auch die Schweizer Fotografen-Vereinigung bietet Workshops für Anfänger. Suche nach «Kreativwirtschaft Schweiz» oder «Selbstständig werden als Fotograf» - du wirst überrascht sein, wie viel Unterstützung es gibt.

Was kommt als Nächstes?

Du hast jetzt eine klare Vorstellung: Du kannst anfangen. Mit wenig Geld. Mit wenig Ausrüstung. Mit viel Willen. Der nächste Schritt ist nicht das perfekte Foto. Der nächste Schritt ist das erste Gespräch. Geh raus. Sprich mit jemandem. Mach ein Foto. Schicke es. Und dann mach noch eins. Das ist der Weg. Nicht durch Ausrüstung. Nicht durch Theorie. Sondern durch Handeln.